Pressespiegel Internationale Hochschulwelt - Amerika
Ausgabe 10/2022
Liebe Leserinnen und Leser,
wie die gestrigen Midterm-Wahlen in den USA ausgehen und welche Konsequenzen dies auch für die Hochschullandschaft des Landes haben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Wir werden hierüber deshalb in der kommenden Ausgabe dieses Pressespiegels berichten, wenn der Staub des Wahlkamps sich (hoffentlich) gelegt hat und die Lage klarer ist.
Aktuell beschäftigt sich die Hochschulpolitik in den USA u.a. mit folgendem Fall: Die Studierendenschaft der George Washington University befürchtet, dass Interventionen Chinas die freie Meinungsäußerung an Universitäten in den USA gefährden könnten. In einer Resolution fordern sie ihre Universitätsverwaltung dazu auf, chinesische Studierende besser vor politischer Zensur und Überwachung durch deren Regierung zu schützen.
Der Ansatz der Hochschulinternationalisierung in Kanada sei überholt und dysfunktional, kritisiert Lisa Brunner, Doktorandin an der University of British Columbia, in ihrem Beitrag. Obwohl die Strategie zur Anwerbung internationaler Studierender seit geraumer Zeit als Erfolgskonzept verkauft werde, sei sie einseitig auf die wirtschaftlichen Interessen Kanadas ausgerichtet. Brunner plädiert deshalb für die Integration ethischer Modelle.
Die Hochschullandschaft in Brasilien atmet derweil nach der Wahlniederlage des wissenschaftsfeindlichen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro auf. Wir blicken heute mit gleich zwei Beiträgen im Fokusteil auf die mittelbaren Folgen des Wahlergebnisses für Forschungsfinanzierung und Umweltschutz im Land sowie für Brasiliens Rolle in der internationalen Forschungsgemeinschaft. Weitere Beiträge zu Brasiliens Hochschulen nach der Wahl finden Sie im Regionalteil.
In Chile ist die Stimmung im Hochschulbereich hingegen derzeit gedrückt: Eine von der linken Regierung vorgelegte neue Verfassung, die deutliche Verbesserungen für den Bildungsbereich vorsah, wurde abgelehnt. Im Zuge neuer Verhandlungen könnten einige der relevanten Reformen auf der Strecke bleiben.
Abschließend richten wir den Fokus auf eine internationale Umfrage zur Attraktivität der wichtigsten englischsprachigen Gastländer für internationale Studierende: Laut dem aktuellen Emerging Futures-Bericht der privaten Bildungsberatungsagentur IDP Education ist Kanada aus Sicht potenzieller internationaler Studierender weiterhin das englischsprachige Gastland mit den attraktivsten Studienbedingungen, wobei Australien im Vergleich zur letzten Umfrage deutlich aufholen konnte.
Eine anregende Lektüre wünscht Ihr Team des DAAD-Kompetenzzentrums Internationale Wissenschaftskooperationen
Die Studierendenschaft der George Washington University forderte kürzlich die Verwaltung ihrer Universität dazu auf, chinesische Studierende stärker vor politischer Zensur und Überwachung zu schützen. Die chinesische Regierung versuche auch im Ausland, öffentliche Kritik an ihrer politischen und menschenrechtlichen Lage zu verhindern. Darin sehen die Studierenden eine Gefahr für die freie Meinungsäußerung an US-Universitäten: Um vor allem ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen vom chinesischen Festland zu schützen, fordern sie deshalb eine „öffentliche Strategie“.
Die Internationalisierung der Hochschulbildung im Globalen Norden werde in der Forschung in den letzten zehn Jahren immer deutlicher als eurozentrisch motiviert und Ungleichheit reproduzierend wahrgenommen, schreibt Lisa Brunner in einem Beitrag für das kanadische Universitätsmagazin University Affairs. In diesem Kontext kritisiert die Doktorandin an der University of British Columbia auch die kanadische Anwerbung internationaler Studierender. Diese bildungsbedingte Migration, sogenannte „Edugration“, werde weitgehend unkoordiniert vorangetrieben. Brunner plädiert für die Integration ethischer Modelle und eine Abkehr vom aktuellen hauptsächlich nationalistisch-wirtschaftlichen Ansatz.
Ende Oktober setzte sich im zweiten Wahlgang Herausforderer Lula Da Silva gegen den amtierenden brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro durch. Eine gute Nachricht für die nationale Hochschullandschaft, denn Bolsonaros offen zur Schau gestellte Wissenschaftsfeindlichkeit hatte einen deutlich negativen Einfluss auf Forschung und Lehre. Zwei Beiträge beleuchten aus dieser Perspektive die Nachwirkungen der Wahl: So berichtet das Magazin Nature über Akademikerinnen und Akademiker, die sich eine rasche Wiederbelebung von Forschungsfinanzierung und Umweltschutz erhoffen. Ein Beitrag von Times Higher Education befasst sich mit der näheren Zukunft von Brasiliens Universitäten und Forschungsgemeinschaft.
Eine von der linken Regierung in Chile vorgeschlagene neue Verfassung wurde jüngst abgelehnt. Der aktuelle verfassungsrechtliche Stillstand wirkt sich auch auf die angedachte Reformierung des Hochschulsektors aus. Die neue „Magna Charta“ hatte unter anderem ein Recht auf kostenlose Hochschulbildung, Verpflichtungen zur Gründung neuer öffentlicher Universitäten und zur Erhöhung der Forschungsausgaben auf 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorgesehen. Forschende und Studierende fürchten nun, dass einige dieser Punkte in neuen Verhandlungen gestrichen werden könnten.
Kanada ist aus Sicht zukünftiger internationaler Studierender weiterhin das attraktivste englischsprachige Gastland, so lautet zumindest einer der zentralen Befunde des aktuellen Emerging Futures-Bericht der privaten Bildungsberartungsagentur IDP Education. Ein weiterer wichtiger Befund: Australien ist zurück. Während 27 Prozent der Befragten weltweit Kanada als attraktivstes Ziel nannten, war Australien für ein Viertel der Befragten erste Wahl – ein deutlicher Zugewinn im Vergleich zum letzten Bericht. Die Umfrage befasste sich zudem auch mit der psychischen Gesundheit internationaler Studierender.
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Der American Council on Education hat den Bericht Mapping Internationalization on U.S. Campuses: 2022 Edition veröffentlicht. Der Bericht soll umfassende Daten liefern, wie sich US-amerikanische Einrichtungen global engagieren und als empirische Grundlage für eine umfassende Internationalisierung dienen. Zur PDF-Version des Berichts gelangen Sie hier.
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Vom 30. November bis zum 2. Dezember 2022 findet in Berlin und virtuell die vom DAAD ausgerichtete Konferenz Moving Target Digitalisation 2022: Increasing the Impact of Internationalisation in Higher Education statt. Auf der Konferenz werden Projektergebnisse zu den jüngsten Entwicklungen in der Internationalisierung der Hochschulbildung vorgestellt und entsprechende Initiativen im In- und Ausland untersucht. Darüber hinaus soll die Konferenz Raum für einen politischen Dialog bieten, um Rahmenbedingungen für europäische und internationale Kooperationsmöglichkeiten zu diskutieren. Weitere Informationen sowie einen Link zur Anmeldung finden Sie hier.
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